Als Bundesinnenminister Seehofer am 15. Juni 2021 bei der Vorstellung des aktuellen Verfassungsschutzberichts erneut eine Zunahme des islamistischen Personenpotenzials bekanntgab, markierte er den vorläufigen Kulminationspunkt einer Entwicklung, in deren Verlauf sich seit dem 5. Februar 2016 insgesamt elf islamistisch motivierte Terroranschläge ereignet hatten.
Zehn Tage später kam mit Würzburg dann ein Zwölfter hinzu. Da die Täter fast immer Asylsuchende waren, hat sich die öffentliche Debatte vor allem auf radikalisierte muslimische Zuwanderer konzentriert, die im Zuge der Flüchtlingskrise eingereist sind. So unsäglich das von ihnen verursachte Leid auch sein mag, stellen sie heute keineswegs die größte Bedrohung für die innere Sicherheit dar.
Längst haben sich in Deutschland muslimische Organisationen etabliert, die sich gegenüber Politik und Gesellschaft als demokratisch gebärden, insgeheim jedoch eine hochgradig subversive Agenda verfolgen. Als Sinnbild solch zwielichtiger Moscheevereine fungiert das Islamische Zentrum Hamburg (IZH), das bis heute von der Politik hofiert wird, obwohl es seit 1993 als gesichert extremistische Bestrebung vom Hamburger Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) beobachtet wird.
Dass die dabei gewonnen Erkenntnisse bislang ohne Folgen geblieben sind, ist einer singulären Politik geschuldet, die sich durch den Unwillen des Senats auszeichnet, die Empfehlungen seiner eigenen Verfassungsschutzbehörde in politisches Handeln zu übersetzen. Dies wiederum liegt an der lähmenden Wirkung jenes Staatsvertrages, den die von Bundesfinanzminister Scholz geführte Landesregierung am 13. November 2012 mit drei Islamverbänden geschlossen hatte. Das an jenem Tage geschmiedete Bündnis verficht ein überaus ambitioniertes Ziel: Mithilfe eines neuartigen integrativen Ansatzes, der angesichts der schon damals in zahlreichen Großstädten weit vorangeschrittenen Desintegration muslimischer Zuwanderer als überaus progressiv galt, sollten islamische Vereine in die Mitte der Gesellschaft gerückt werden.
Am Abend der Vertragszeichnung, die im geschichtsträchtigen Phönixsaal erfolgte, der an den großen Brand von 1842 erinnert, sprach Olaf Scholz von einem historischen Tag für Deutschland und erklärte, der nun erzielte integrationspolitische Fortschritt sende ein Signal der Bereitschaft zu einem kooperativen Miteinander. Angesichts dieser bedeutungsschwangeren Worte ist scheint es im Rückblick besonders bitter, dass der Staatsvertrag die an ihn gerichteten Erwartungen nicht nur enttäuschen, sondern sie in ihr exaktes Gegenteil verkehren sollte – nicht die erhoffte Annäherung des IZH an das säkulare Gemeinwesen, sondern ein kontinuierliches Abdriften in den staatsfeindlichen Islamismus, waren die Folge. Mehr noch schuf der Staatsvertrag ein Klima, das in der Blauen Moschee ein Bewusstsein der Unantastbarkeit entstehen ließ. Dieses wiederum nährte das Kalkül, dass die Bürgerschaft die einmal geschlossene Partnerschaft zwischen Senat und Islamverbänden nicht wieder zurücknehmen würde.
Damit war der IZH-Führung, die ihren untrüglichen Instinkt für die Schwächen deutscher Politiker in der Folgezeit kontinuierlich perfektionieren sollte, ein regelrechter Coup gelungen: Nicht nur hatte sie die politischen Akteure im Rathaus korrekt eingeschätzt, sondern zugleich auch die Achillesverse des Senats identifiziert, dessen Strategie des Laissez-faire bis heute auf dem Dogma basiert, dass es keine Alternativen zum Staatsvertrag geben darf. Das dadurch erzeugte Staatsversagen im Umgang mit islamistischen Moscheevereinen wirft düstere Schatten auf die Zukunft eines Landes voraus, dessen Handlungsfähigkeit bei der inneren Gefahrenabwehr von immer mehr Menschen in Zweifel gezogen wird.
Eine Chronologie des wurzellosen Islamismus
Was dies konkret bedeutet, offenbart die Chronologie von Ereignissen, die das LfV Hamburg in seinen Jahresberichten minutiös dokumentiert hat. Bereits 2007 stellte es fest: „Das IZH ist ein europaweit bedeutendes Verbindungszentrum zur Verbreitung des Gedankens der ‚Islamischen Revolution’ und damit der Vorstellungen von einem islamistischen Gesellschaftsmodell […] In öffentlichen Verlautbarungen positioniert sich das IZH als eine tolerante Institution, die die Kooperation zwischen den Religionen hervorhebt […] Es hat maßgeblichen Einfluss auf eine Vielzahl von Islamischen Zentren und Moscheen in Deutschland […] Das IZH ist in zentralen islamischen Dachverbänden vertreten, um sich dort in führender Position seinen Einfluss zu sichern: In Hamburg im ‚Rat der islamischen Gemeinschaften in Hamburg e.V.’ (SCHURA), auf Bundesebene im ‚Zentralrat der Muslime in Deutschland’ (ZMD).“ Trotz dieser entlarvenden Demaskierung des IZH als politisches Instrument der iranischen Staatsführung nahm der Senat die Schura 2012 in den Staatsvertrag mit auf.
Bereits ein Jahr zuvor war klar erkennbar, dass das Hofieren des IZH ein verhängnisvoller Fehler sein musste. Dass nämlich die von ihm geführte Gemeinde der Imam-Ali-Moschee die säkulare Trennung von Staat und Religion im Kern ablehnte, ging z.B. aus Nr. 6 der hauseigenen Faltblattserie „Muslime im Dialog“ hervor, die 2006 mit der Broschüre „Das Islamische Zentrum Hamburg stellt sich vor“ veröffentlicht worden war. Darin stellte das IZH fest, dass Politik im Islam eine entscheidende Rolle spiele und Politik und Religion deshalb als eine Einheit zu sehen seien. Ebenso führte sie aus, die Welt werde gegenwärtig von „Strukturen wirtschaftlicher und politischer Unterdrückung“ beherrscht. Die Behebung dieses Missstandes indes sei nur revolutionären Bewegungen möglich, die sich gegenüber erzieherischen oder reformistischen Bestrebungen bewährt hätten.
In diesem Zusammenhang konstatierte das IZH: „In ihrem Kampf gegen die ungerechten Ordnungen scheuen sie [revolutionäre Bewegungen] keine Opfer, ihr Ideal einer gerechten Gesellschaft zu verwirklichen. Die Bewegungen aller Propheten sind revolutionär.“ Angesichts solcher Statements drängt sich der Eindruck auf, dass die für den Staatsvertrag verantwortlich zeichnenden Politiker die vom IZH herausgegebene Literatur nie gelesen hatten. Gleiches gilt offenbar für den Bericht, den das LfV Hamburg 2011 herausgab. Dort ist zu lesen: „In einigen Verlautbarungen äußern sich Vertreter des IZH zum Verständnis des Islam als Religion mit universellem Geltungsanspruch. Säkularen Gesellschaftsmodellen wird eine klare Absage erteilt. Die Religion, so wie sie vom IZH vertreten wird, ist mehr als der Rahmen für das Verhältnis zwischen Mensch und Gott. Vielmehr soll sie das Verhältnis der Menschen untereinander auf den Feldern der Politik, Ökonomie und Jurisprudenz regeln.“
Eine noch drastischere Einschätzung gab sechs Jahre später die Bundesregierung ab. In der Beantwortung einer Schriftlichen Anfrage vom 21. August 2017 stellte sie klar: „Die inhaltlichen Positionen des IZH ergeben sich aus der Verbindung des IZH zur Islamischen Republik Iran, vor allem durch die vom ‚Büro des Revolutionsführers’ vorgenommene Entsendung des jeweiligen Leiters des IZH. Die Islamische Republik Iran erklärt in ihrer Verfassung den weltweiten ‚Export’ der iranischen Revolution zum Staatsziel […] Die Inhalte der Verfassung der Islamischen Republik Iran sind nicht mit den Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland vereinbar […] Das IZH ist neben der Botschaft die wichtigste Vertretung der Islamischen Republik Iran in Deutschland und eines ihrer wichtigsten Propagandazentren in Europa. Mit Hilfe des IZH versucht das Regime der Islamischen Republik Iran, Schiiten verschiedener Nationalitäten an sich zu binden und die gesellschaftlichen, politischen und religiösen Grundwerte der Islamischen Revolution in Europa zu verbreiten […] Auf personeller Ebene erfolgt eine generelle Einflussnahme Irans bereits durch die Auswahl des jeweiligen Leiters des IZH. Aufgrund der Stellung des Leiters des IZH als religiöser Vertreter Ali Khameneis ist davon auszugehen, dass von staatlicher iranischer Seite eine finanzielle Unterstützung und inhaltliche Einflussnahme für das IZH erfolgt.“
Unverhohlen zelebrierter Antisemitismus
Angesichts der damit nun von höchster Stelle bestätigten Steuerung des IZH durch Teheran ist wenig verwunderlich, dass sich führende IZH-Vertreter jahrelang in exponierter Weise am antisemitischen Al-Quds-Tag in Berlin beteiligten, auf welchem seit seiner Stiftung durch Ruhollah Chomeini im Jahr 1979 gegen die Existenz Israels demonstriert wird. Hierzu stellte der Hamburger Verfassungsschutz fest: „Am 02. Juli 2016 waren etwa 200 Personen aus Hamburg und der Metropolregion an der von insgesamt gut 800 Demonstranten besuchten Veranstaltung dabei, um ihren Protest gegen die Besetzung Jerusalems und ihre Solidarität mit den aus ihrer Sicht unterdrückten Palästinensern auszudrücken. Es gibt Belege für eine Beteiligung des IZH bei der Organisation und Durchführung der Veranstaltung; so war im Juli 2016 auch ein hochrangiger Funktionär aus dem IZH-Umfeld unter den Teilnehmern.“ Da es der Senat auch weiterhin abgelehnte, das IZH aufgrund seines antisemitischen Betragens zu sanktionieren, haben sich seine Funktionäre 2017 abermals am Al-Quds-Tag beteiligt.
Im Verfassungsschutzbericht 2018 heißt es hierzu. „Wie bereits in den Vorjahren beteiligten sich IZH-Besucher und -Funktionäre bei der Unterstützung der auch 2017 in Berlin stattgefundenen israelfeindlichen Demonstration zum ‚Jerusalem-Tag’ […] Am 23. Juni 2017 waren rund 80 Personen aus Hamburg und der Metropolregion an der an diesem Jahr von etwa 800 Demonstranten besuchten Veranstaltung in Berlin dabei, darunter mit Dr. Hamid Reza Torabi ein hochrangiger Funktionär aus dem IZH-Umfeld – bei dem es sich auch um den Direktor der IZH-Nebenorganisation ‚Islamische Akademie Deutschland’ (IAD) handelt – sowie weitere Anhänger des Milieus rund um die ‚Blaue Moschee’ an der Außenalster.“
Spätestens jetzt hätte der Senat die Reißleine ziehen und ein Vereinsverbot des IZH initiieren müssen. Zusätzlich wäre es anmessen gewesen, die Kooperation mit sämtlichen Organisationen zu beenden, deren Geschicke das IZH damals mitbestimmte. Dass dies mit der Schura einen der drei vom Staatsvertrag begünstigten Islamverbände betraf, in dessen Vorstand IZH-Funktionäre nach Einschätzung des LfV Hamburg schon damals den Ton angaben, mag für die Verfechter des Bündnisses eine schmerzliche Erfahrung gewesen sein. Und ja: Mit hoher Wahrscheinlichkeit hätten die genannten Maßnahmen das jähe Ende eines vormals hochgelobten Projekts eingeläutet, das eigentlich die lang ersehnte Wende in der festgefahrenen Integrationsdebatte hatte einläuten und damit unliebsame Kritiker wie Thilo Sarrazin Lügen strafen sollen, dessen 2010 erschienenes Buch „Deutschland schafft sich ab“ eine Welle der Empörung ausgelöst hatte. Da das bereits erwähnte Dogma der Alternativlosigkeit jedoch unumstößlich war, passierte nichts. Dieses Zuwarten war politisch töricht, und die ihm geschuldete Verschnaufpause sollte nicht lange anhalten. Stattdessen leitete das abermalige Nichtstun des Senats eine Phase ein, in der sich das IZH immer unverhohlener als extremistischer Akteur gebärdete.
Das IZH huldigt einem Märtyrer
Ein erster Höhepunkt wurde am 9. November 2020 erreicht, als der im August 2018 inaugurierte IZH-Leiter Mohammad Hadi Mofatteh eine Trauerfeier für den iranischen General Ghassem Soleimani ausrichten ließ, der erst am 3. Januar durch einen amerikanischen Luftschlag im Irak getötet worden war. Als Anführer der berüchtigten Quds-Brigaden war Soleimani seit März 1998 dafür verantwortlich gewesen, den iranischen Einfluss in den Staaten des Nahen Ostens auszuweiten, wozu auch zählte, militärisch gegen die USA und ihre Verbündeten vorzugehen. Für die ihm zugeschriebenen Kriegsverbrechen hatten amerikanische Sicherheitsbehörden Soleimani im April 2019 auf eine Liste international gesuchter Terroristen gesetzt. Im Rahmen der feierlichen Zeremonie, die das IZH praktisch in Sichtweite des Rathauses abhielt, wurde Soleimani nun als Märtyrer geehrt, womit nach islamischer Auffassung ein sog. Blutzeuge (arab.: šahid) gemeint ist, der im Rahmen der gewaltsamen Anstrengung zur Ausbreitung des Islam (arab.: ǧihād) sein Leben lässt und sich damit gemäß den autoritativen Schriften einen Platz im Paradies sichert. Dabei handelt es sich um ein Narrativ, das auch die Hamas und der Islamische Staat (IS) pflegen, z.B. um die zahlreichen Selbstmordattentäter in ihren Reihen zu verherrlichen.
Die nächste Entlarvung des IZH als Schaltzentrale des Islamismus erfolgte unmittelbar nach dem 26. März 2020, als Bundesinnenminister Seehofer ein Betätigungsverbot für die libanesische Terrororganisation Hizb Allah (Arab. für „Partei Gottes“) erließ. Diese wegweisende Entscheidung stützte sich auf § 3 Abs. 1 i.V.m. § 15 Abs. 1 und § 18 Satz 2 des VereinsG, wonach die Tätigkeit der Hizb Allah gegen mehrere Strafgesetze verstößt und dem Gedanken der Völkerverständigung zuwiderläuft. Obwohl die Hizb Allah in Hamburg nie über festgefügte Strukturen verfügte, hatten ihre Anhänger dort ungestört agieren können, da ihnen das Islamische Zentrum Hamburg (IZH) den hierfür benötigten Schutz bot. Hierzu erläuterte das LfV Hamburg: „In Hamburg gibt es gut 30 Hizb Allah-Anhänger, die unter anderem im ‚Islamischen Zentrum Hamburg‘ verkehren, um dort an den Freitagsgebeten oder andere religiösen Veranstaltungen teilzunehmen.“
Auch diese Vorgänge nahm der Senat zur Kenntnis, reagierte aber nicht auf sie. Daran änderte sich auch nichts, als „Welt Online“ im Oktober 2020 eine tiefschürfende Reportage über die islamistischen Aktivitäten des IZH veröffentlichte. Zum ersten Mal wurde einer breiten Öffentlichkeit enthüllt, wie radikal das dortige Personal tatsächlich ist und mit welchen Mitteln auf ihr Geheiß säkulare Iraner in Hamburg, die von Teheran als Abweichler geächtet werden, aus dem Umfeld des IZH heraus dranglasiert werden. Neben iranischen Aktivisten, die den islamischen Gottesstaat in ihrer Heimat als gewaltsam errichtete Diktatur ablehnen, kamen auch Mitarbeiter des LfV Hamburg zu Wort, die eindrücklich über ihre Arbeit berichteten.
Wie tief die dabei gewonnenen Einblicke tatsächlich reichen, wurde schließlich im Sommer 2021 bekannt. In einer umfangreichen Pressemitteilung vom 16. Juli 2021 legte das LfV neue Beweismittel vor, deren Gewicht sämtliche bislang veröffentlichte Informationen um ein Vielfaches übersteigt und die ideologische, organisatorische und personelle Steuerung des IZH durch die iranische Staatsführung minutiös belegt. Mit diesem Bericht, der auch als Broschüre mit dem Titel „IZH Außenposten des Teheraner Regimes“ veröffentlicht worden ist, reist das LfV Hamburg dem IZH die bürgerliche Maske vom Gesicht. Noch nie zuvor hat der Hamburger Verfassungsschutz einer mit dem Senat assoziierten Organisation in solch drastischer Weise staatsfeindliche Bestrebungen nachgewiesen. Die gegen das IZH bestehende Beweislast ist mithin derart erdrückend, dass ein vereinsrechtliches Verbotsverfahren jetzt unausweichlich erscheint.
Bevor ich im Folgenden näher auf die zusammengetragenen Beweismittel eingehe, sei noch einmal auf Artikel 2 des Staatsvertrags verwiesen. In ihm werden die gemeinsamen Wertegrundlagen definiert, denen sich auch das IZH durch seine Mitgliedschaft in der Schura unterworfen hat. Absatz 1 besagt: „Die Freie und Hansestadt Hamburg und die islamischen Religionsgemeinschaften bekennen sich zu den gemeinsamen Wertegrundlagen der grundgesetzlichen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere zur Unantastbarkeit der Menschenwürde, der Geltung der Grundrechte, der Völkerverständigung und der Toleranz gegenüber anderen Kulturen, Religionen und Weltanschauungen sowie der freiheitlichen, rechtsstaatlichen und demokratischen Verfassung des Gemeinwesens. Sie sind sich einig in der Ächtung von Gewalt und Diskriminierung aufgrund von Herkunft, Geschlecht, sexueller Orientierung, Glauben oder religiöser oder politischer Anschauungen und werden gemeinsam dagegen eintreten.“
Ein untrüglicher Instinkt für die Schwächen seiner Gegenüber
Neben der hochentwickelten Fähigkeit, die Schwächen seiner Gegenüber zu erkennen und auszunutzen, hat das IZH gelernt, welche Töne es auf der Klaviatur des interreligiösen Dialogs anschlagen muss, um seine Partner aus Politik und Gesellschaft für jene Erzählung empfänglich zu machen, an die alle von ihnen so sehr glauben wollen: die romantische Geschichte von den guten Freunden aus der Blauen Moschee, mit denen man gemeinsam für eine offene und pluralistische Gesellschaft streitet. Unter dem Motto „Die Blaue Moschee an der Alster: Mehr als 55 Jahre Dialog in Hamburg“ hatte das IZH 2015 einen Tag der offenen Tür veranstaltet sowie eine Informationsbroschüre herausgegeben. Solche Nebelkerzen sollen darüber hinwegtäuschen, wie die Ergebnisse dieses „Dialogs“ tatsächlich geführt haben, der im Übrigen seit jeher von IZH-Leitern koordiniert wird, die kein Deutsch sprechen.
Wie perfekt dieses perfide Spiel mittlerweile funktioniert, kann man daran erkennen, dass das IZH regelmäßig prominente Gäste aus dem Rathaus bei sich willkommen heißt. Als Mohammad Hadi Mofatteh im Jahr 2019 zum Ende des muslimischen Fastenmonats Ramadan zu seinem alljährlich ausgerichteten Bankett einlud, war auch der religionspolitische Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion Ekkehard Wysocki zu Gast. Wie kaum ein anderer Funktionär in der Hansestadt verkörpert Wysocki den Typ eines ebenso unbedarften Politikers, der für die Dialogabteilung des IZH von immenser Bedeutung ist: Er hat kein vertieftes Wissen über den Islam und ist deswegen nicht in der Lage, das ihm vorgesetzte Gaukelbild zu durchschauen. Dass er zudem aber auch nur begrenzt lernfähig ist, wird zum Ende dieses Berichts deutlich.
An persische Märchen im Stil von „Tausendundeine Nacht“ glaubt man beim LfV Hamburg schon lange nicht mehr. Gleich zu Beginn ihrer neuesten Enthüllungen stellt die Behörde unmissverständlich klar:
„Hierüber hat das LfV seit Erscheinen seines ersten öffentlichen Jahresberichts 1993 immer wieder berichtet. Das IZH hat diese Berichterstattung unter den verschiedenen IZH-Leitern in den zurückliegenden Jahrzehnten wiederholt bestritten und auch (bisher allerdings erfolglos) versucht, aus der Berichterstattung des Verfassungsschutzes zu gelangen. Man sei eine rein religiöse Einrichtung, die sich unabhängig von Teheran lediglich um die Glaubensangelegenheiten der in Europa lebenden schiitischen Muslime kümmere. Nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes steht das IZH weiterhin für ein islamistisches Regime, das mit den Werten des Grundgesetzes nicht vereinbar ist […] So ist das LfV im Besitz aktueller iranischer Dokumente, welche die Weisungsgebundenheit des IZH-Leiters – aktuell Mohammad Mofatteh – an das Regime belegen. In mehreren dieser direkt an Mofatteh gerichteten Schreiben wird er als ‚geehrter Vertreter des Obersten Führers, Leiter des Islamischen Zentrums Hamburg‘ angesprochen oder bezeichnet. Hiermit wird quasi amtlich bestätigt, dass Mofatteh als offizieller Stellvertreter des Khomeini-Nachfolgers Ayatollah Khameneis anzusehen ist […] Da schon aufgrund der Vorgaben der iranischen Verfassung Staat und Religion untrennbar miteinander verbunden sind, ist die Selbstinszenierung des IZH als rein religiöse Einrichtung, die von Teheran unabhängig sei, unglaubhaft. Der jeweils amtierende IZH-Leiter wird direkt vom Revolutionsführer eingesetzt und ernannt. Der IZH-Leiter bekleidet dadurch die offizielle Vertreterrolle des Führers in Europa. So heißt es in einem Einladungsflyer zu einer Veranstaltung vom November 2019 in einer schiitischen Einrichtung in Bottrop zur Teilnahme des IZH-Leiters: ‚Das Iman al-Rida-Zentrum lädt Sie zur Teilnahme an einem Treffen mit Ayatollah asch-Sheich Mohammad Hadi Mofatteh, dem Stellvertreter seiner Eminenz des Herrn Al Khamenei in Europa und Direktor des Imam Ali-Zentrums in der Stadt Hamburg.‘ Aufgrund dieser direkten Stellvertreterrolle kommt nur eine linientreue Person für diese Position des IZH-Leiters in Betracht, die sich ideologisch strikt auf Linie des Regimes befindet und sich innerhalb des theokratischen Regimes auf verschiedenen Posten bewährt hat. Auch dies trifft auf den aktuellen Leiter Mofatteh zu.“
Demokratiefeindliche Schriften aus der Blauen Moschee
Ebenso bezeichnend ist, dass das IZH seit Jahren eifrig religiöse Schriften verbreitet, darunter auch Werke prominenter schiitischer Geistlicher wie Staatsgründer Ruhollah Chomeini, deren Inhalte die freiheitlich-demokratische Grundordnung konterkarieren. In seinem Buch „Der Islamische Staat“, dessen Lehre im Iran bis heute als ideologisch bindend gilt, legt Chomeini dar, dass jede Form staatlichen Handels ausschließlich an den schariatischen Bestimmungen orientiert sein muss. Mit dieser Auffassung liegt er voll und ganz auf einer Linie mit dem IS und den Taliban. Wie für veritable islamistische Literatur typisch, werden Juden als konspirative Zionisten verunglimpft und die drakonischen koranischen Körperstrafen legitimiert, was etwa die Steinigung bei Ehebruch miteinschließt.
Mit welchem Elan das IZH die einschlägigen Standardwerke zur schiitischen Weltrevolution in Hamburg verbreitet, zeigt das Traktat des iranischen Gelehrten Ali Schariati „Zur westlichen Demokratie“, worin der Autor seine tief empfundene Verachtung der parlamentarischen Demokratie zum Ausdruck bringt, die aus seiner Sicht keine Existenzberechtigung haben könne, da sie nicht von Allah stamme. Das IZH hat dieses Pamphlet nicht nur in Umlauf gebracht, sondern es sogar selbst ins Deutsche übersetzt. Letzte Zweifel an der Gesinnung der seit nunmehr 61 Jahren im Dauerdialog befindlichen Mullahs aus der Blauen Moschee dürfte das von ihnen verfasste Vorwort zur Neuausgabe des „Islamischen Staats“ von Ruhollah Chomeini zerstreuen. Hier formuliert das IZH eine inhaltliche Position, die es nicht nur als Kooperationspartner des deutschen Staates, sondern auch als zivilgesellschaftlichen Akteur auf alle Zeiten disqualifiziert: „Der Islam kennt keine Trennung von Religion und Politik.“
Islampolitik in Hamburg – eine desaströse Bilanz
Fassen wir das Gesagte noch einmal zusammen: Seit 1993 lässt der Hamburger Senat eine ultraradikale Moscheegemeinde im Herzen seiner Stadt gewähren, die in ihrer Funktion als Brückenkopf der Islamischen Republik Iran eine große Fülle staatsfeindlicher Aktivitäten entfaltet hat. Anstatt diese vom LfV als gesichert extremistisch qualifizierten Bestrebungen, die auch einen besonders fundamentalistischen Antisemitismus umfassen, zum Anlass für ein vereinsrechtliches Verbotsverfahren zu nehmen, hat er das IZH im Jahr 2012 mit einem Staatsvertrag begünstigt und ihm dadurch ein hochoffizielles Gütesiegel verliehen. Obwohl in der Folgezeit immer deutlicher wurde, dass man die Wertegrundlagen des Staatsvertrags in der Blauen Moschee bestenfalls als Makulatur betrachtet und führende IZH-Vertreter durch ihr Handeln daraus schließlich auch keinen Hehl mehr machten, sieht der Senat bis heute keinen Handlungsbedarf.
Das damit bekundete Desinteresse an der Lösung eines dringlichen politischen Problems ist nicht nur verstörend, sondern wirkt vor dem Hintergrund dessen, dass das IZH bis Oktober 2020 sogar jahrelang als gemeinnützig anerkannt gewesen war, geradezu destruktiv. Wer nun denkt, der Senat müsse angesichts dieser katastrophalen Bilanz eine radikale politische Kehrtwende einleiten, sollte seine Hoffnungen dämpfen. Erst im Juni 2021 hatten die Regierungsfraktionen von SPD und Grünen „Welt Online“ ihre politische Linie gegenüber dem IZH skizziert. Die hierzu von Jennifer Jasberg (Grüne) und Ekkehard Wysocki (SPD) abgegebenen Stellungnahmen sind derart brillant, dass sie keiner Kommentierung bedürfen.
„Das IZH ist kein singuläres Ereignis, auf das man sich fokussieren sollte. Der Ansatz, ein Verbot löse das Problem, greift beim IZH nicht. Die Menschen sind hier, und es ist wichtig, dass man im Dialog bleibt. Andernfalls besteht die Gefahr, dass man den Kontakt gänzlich verliert und sich extremistische Gruppierungen im Untergrund formieren, um von dort aus Muslime in Hamburg zu radikalisieren.“ – Jennifer Jasberg, Fraktionsvorsitzende der Grünen i. d. Hamburgischen Bürgerschaft
„Unser Vertragspartner ist die Schura. Wie sie mit dem IZH umgeht, müssen Sie die Schura fragen. In meiner Partei gibt es eine breite Mehrheit für eine Verlängerung der Staatsverträge, aber auch für die Evaluierung. Dies bietet die Möglichkeit, darüber nachzudenken, ob und wie diese Zusammenarbeit neu gestaltet werden könnte.“ – Ekkehard Wysocki, religionspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion i. d. Hamburgischen Bürgerschaft
Abschließend stellt sich die Frage, wie das IZH auf die immer dünnere Luft reagiert, die es seit kurzem an der Außenalster amtet. Die Antwort lautet: Es lässt nichts anbrennen. Vor diesem Hintergrund hatte seine Medienabteilung im Frühjahr ein aufwändig produziertes Video bei YouTube veröffentlicht, in dem sich zahlreiche deutschsprachige Muslime mit dem IZH solidarisierten, um sein bereits stark ramponiertes bürgerliches Image aufzupolieren. Angesichts der eindeutigen Faktenlage wirkte der Clip allerdings hochgradig peinlich, was wohl der Grund dafür gewesen sein dürfte, dass er bereits kurze Zeit später wieder entfernt wurde. Rückendeckung erhielt das IZH jüngst von der Schura, die angesichts einer Demonstration gegen die Blaue Moschee vor ‚Islamhass‘ warnt. Auch diesem Manöver liegt ein altbewährter Schachzug aus dem Repertoire im Umgang mit deutschen Parteien zugrunde: Gerät man in die Defensive, ist Angriff noch immer die beste Verteidigung.
Die Politik muss handeln, bevor es zu spät ist
Trotz des Flurschadens, den die Islampolitik des Senats in Hamburg hinterlassen hat, bietet die selbst herbeigeführte Katastrophe durchaus auch Chancen. Sollte es tatsächlich gelingen, dem IZH das Handwerk zu legen, könnte davon eine Signalwirkung für ähnlich gelagerte Fälle ausgehen. Mit dem größten deutschen Islamverband DITIB, der nachgerade von der türkischen Religionsbehörde DIYANET kontrolliert wird, deren Präsident Ali Erbas Homosexualität als Krankheit betrachtet, die nur der Islam heilen könne, sieht sich der deutsche Staat einem ungleich mächtigeren Akteur gegenüber, der hierzulande ein Netzwerk von bis zu 950 Moscheen errichtet hat. Seit vielen Jahren schon gilt als erwiesen, dass diese Infrastruktur von der türkischen Staatsführung zur politischen Beeinflussung deutscher Muslime instrumentiert wird.
Wie ungemein wichtig es ist, zwielichtigen islamischen Verbänden Einhalt zu gebieten, liegt darin begründet, dass sie in Deutschland nach dem Erhalt des Körperschaftsstatus streben und damit die vollumfängliche Gleichstellung mit den Großkirchen für sich beanspruchen. Obwohl derartige Ansinnen bislang stets zurückgewiesen worden sind, besteht aus Sicht der Islamverbände nun erstmals Grund zur Hoffnung. Am 20. Dezember 2018 hatte das Bundesverwaltungsgerecht ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster aufgehoben, wonach der ‚Zentralrat der Muslime‘ (ZMD) und der ‚Islamrat Deutschland‘ (IR) nicht die Kriterien von Art. 7 Abs. 3 GG erfüllen und demnach nicht als Religionsgemeinschaften im Sinne des Grundgesetzes gelten können. Dass diese Brandmauer offenbar Risse bekommen hat, ist äußerst besorgniserregend, weil Körperschaften des öffentlichen Rechts u.a. dazu befähigt sind, bekenntnisgebundenen staatlichen Religionsunterricht zu erteilen. Dass solche Experimente hochriskant sind, zeigen die Erfahrung des Landes Hessen, das ein entsprechendes Pilotprojekt nach jahrelanger Kooperation mit DITIB im Sommer 2020 frustriert beendet hat.
Damit hat das politische Wiesbaden etwas unter Beweis gestellt, was dem Hamburger Senat fehlt: die Fähigkeit zur Korrektur gravierender Fehler. Angesichts dieses Vorbildes bleibt zumindest theoretisch die Hoffnung lebendig, dass man irgendwann auch im Rathaus zur Vernunft kommt und den Spuk in der Blauen Moschee endlich beendet.